Meike Harde im Interview: „Inspiration kommt von allen Seiten“
Mit viel Kreativität und experimenteller Technik hat Designerin Meike Harde ihren festen Platz in der Möbelbranche gefunden. Heute arbeitet sie mit internationalen Herstellern zusammen. Mit WOHNIDEE hat sie über Inspiration, Lieblingsentwürfe und ihren Einrichtungsstil gesprochen.
Du wolltest schon ganz früh Designerin werden …
Meike Harde: Ja, ich wollte schon relativ früh etwas Kreatives machen. Ich bin seit meiner Kindheit kreativ, das hat auch meine Mutter gefördert. Sie hat ebenfalls Kunst studiert und als Grundschullehrerin gearbeitet, sie ist sehr talentiert. Ich war dann auf einer Kunstschule, auf der ich meine Mappe für die Kunsthochschule in Saarbrücken vorbereitet habe. Auf dieser durfte man sich im Studium auch ein bisschen breiter aufstellen und in andere Bereiche schauen. Davon habe ich auf jeden Fall profitiert und nicht nur straight ins Produktdesign geschaut. Ich konnte während des Studiums viele freie Arbeiten zusätzlich machen.
Was inspiriert dich in deiner Arbeit?
Meike Harde: Inspiration kommt von allen Seiten. Zum einen das, was man schon kennt und mag, was es schon gibt, und dann das, was man noch nicht kennt. Manchmal funktioniert das auch ganz rational. Dann sage ich mir: Ich muss in diese Richtung gehen. Wenn man sich mit einem Thema beschäftig, lädt man sich sozusagen mit Inhalt auf, dann kommt die Inspiration irgendwann ganz von allein, manchmal während einer Recherche, auch mal nachts im Schlaf, zum Frühstück. Oft beginne ich mit dem Banalen, mit dem, was ich schon kenne. Dann entwerfe ich eine Neu-Interpretation und arbeite mich stufenweise zu einem Entwurf, den es noch nicht gibt, der dann wirklich frei ist. Dann wird es immer spannender.
Wenn du dich auf etwas beziehst, das es schon gibt, möchtest du es dann bewusst verändern?
Meike Harde: Ich möchte es verbessern. Ich frage mich: Wie kann ich es in die jetzige Zeit umsetzen? Meine Entwürfe für Pode zum Beispiel beziehen sich auf die Kastenmöbel der 1980er-Jahre. Aber sie sind moderner, passen mehr in die Zeit. Man könnte sie jetzt nicht einfach zu anderen 1980er-Jahre-Möbeln dazustellen. Es ist eine Re-Interpretation auf die heutigen Bedürfnisse zugeschnitten. Re-Design liegt im Trend. Man schafft etwas Neues aus dem, was es schon gab. Zum Teil vom Äußerlichen her, aber auch viel über Techniken. Meine Leuchte „Knit“ für Vibia zum Beispiel hätte man vor zehn Jahren noch nicht machen können, weil die Technik noch nicht da war.
Was ist an der Leuchte besonders?
Meike Harde: Die wurde von einer Strickmaschine produziert, die in der Lage ist, einen dreidimensionalen Körper zu stricken. Das nennt sich Flachstrick. Man kann sich das vorstellen wie bei einem aufblasbaren Wasserball, bei dem die einzelnen Teile zusammengeschweißt oder genäht sind. Die Strickmaschine macht das in einem Stück, es gibt zwar eine Naht, aber die wird im Strick integriert. Dieser dreidimensionale Körper wird später über einen Diffusor gezogen und oben und unten fixiert und hat dann diese Rippenstruktur. So entsteht ein Zusammenspiel aus Transluzenz durch den Hintergrund und der Reflexion an den Rippen. Das ist ein ganz spannendes Spiel in der Struktur. Die Struktur hat aber auch einen funktionalen Zweck: Die Rippen schaffen die nötige Festigkeit.
Hast du eigene Entwürfe bei dir zu Hause stehen?
Meike Harde: Ja, ich habe zum Beispiel die Leuchte „Ayla“ von Fest Amsterdam bei mir zu Hause. Das ist eine eineHängeleuchte aus Glas mit einer Riffelstruktur. Statt einer Glühbirne ist da ein großer Diffusor eingebaut, der aber nicht komplett im Glas sitzt, sondern nur halb. Das geriffelte Glas fängt dann bei der Hälfte an. Das ist ganz spannend. Die „Knit“-Leuchte von Vibia habe ich auch.
Hängend oder als Stehleuchte?
Meike Harde: Als Stehleuchte. Was ich auch sehr mag, ist mein Sessel „Sinclair“ von Fest Amsterdam. Das ist so ein ganz geometrischer Sessel aus zwei Zylindern. Der ist relativ bekannt, vor allem in Holland. Da ist der ein richtiger Bestseller. Er greift den Trend zu geometrischen und ganz reduzierten Formen auf, quasi eine geometrische Skulptur mit Funktion. Mein Sofa „Ginny“ für Label Vandenberg habe ich auch zu Hause, und die „Potpourri“-Gläser von Pulpo als Accessoire.
Wie würdest du deinen Einrichtungsstil beschreiben?
Meike Harde: Ich habe überall nur weiße Wandfarbe, dazu helle Vorhänge, helle Teppiche. Ich versuche, eine neutrale Basis zu schaffen und dann Akzente zu setzen. So kann ich auch immer mal etwas verändern, es muss nicht alles extrem aufeinander abgestimmt sein. Ich bin ein Möbel-Nerd – bei mir gibt es nichts von der Stange. Ich habe mir zum Beispiel ein Massivholzregal gekauft, schlicht, aber sehr dick, das ist wie ein Statement. Mein Esstisch ist auch ganz schlicht. Darüber mein eigener Entwurf: die Leuchte „Ayla“. Ich mische ein bisschen zwischen ganz ruhig und ganz auffällig. Ich habe zum Beispiel auffällige Bilder der Kölner Künstlerin Nikki de León an der Wand. Die sind einfach toll. Und als weitere Eyecatcher habe ich von mir selbst entworfene Aquarellmöbel, zum Beispiel Körbe und Tische. Ich arbeite schon viel mit Farben zu Hause und schaue, dass es am Ende zusammenpasst.