Der rote Faden
Es gibt viele Möglichkeiten, sich ein durchgehend schlüssiges Wohn-Konzept zu erarbeiten. WOHNIDEE und Experte Marcel Ullrich zeigen, wie sich einfach – mit viel Sensibilität für stimmige Töne – in zehn Schritten ein feines Band durch Ihre gesamte Wohnung weben lässt.
Durch und durch stimmig
Wir können durch viele Stilelemente einen roten Faden generieren, beispielsweise mit einer Neigung für Skandi-Teile, Boho-Stücke oder Industrial Chic. Haben wir aber einfach über Jahre Dinge erworben, ohne einer zielführenden Richtung zu folgen (wie das ja oft bei uns Einrichtungsliebhabern der Fall ist), ist Farbe ein leichtes Mittel, augenscheinlich einen durchdachten und wohl kuratierten Eindruck zu erwecken, vielmehr einen Faden zu spinnen. Meist hat man ja über einen längeren Zeitraum Leidenschaften für bestimmte Töne; Farben, die uns ansprechen und stimulieren, unser Herz erfreuen oder uns zur Ruhe kommen lassen. Mal rückt etwas in den Vordergrund, anderes sollte abschnittsweise in Kiste und Keller verstaut werden. Lieben wir es harmonisch und einheitlich, beginnen wir an dieser Stelle mit einer feinen Auswahl.
Gutes Augenmaß
Wir sollten die Dinge genau ins Visier nehmen. Welche Tonalität hat der Teppich, der Holzboden, der Vorhang, die Lackierung der Türen? Die Kuscheldecke auf dem Sofa oder das Poster darüber. Ist das Eichenparkett eher gelblich oder gräulich? Das Betthaupt aus Nussbaum; ist es schokoladig oder maronig-rotbraun? Dann erweitern wir unser Moodboard durch das Hinzufügen wichtiger Elemente unseres Zuhauses. Legen die Sachen, die wir gut finden, auf den Dielenboden, ergänzen ein Kissen oder Geschirr. Eine Bluse, die gerade unser Favorit ist, oder ein Frühstücksbrettchen. Die kleinen Dinge geben den Ton an. Tolle Inspirationsquellen sind auch Zeitungsausschnitte. Sie zeigen meist eine harmonische Zusammenstellung von Farbflächen, Bildern und Typografien, an denen wir uns gut orientieren können.
Bemessungsgrundlage
Datacolor hilft unkompliziert beim Bestimmen eines Tons, um andere Dinge gleichermaßen anlegen zu können. Möchte man Türblatt und -zarge etwa im gleichen Ton wie die Wand oder den Radiator wie die angrenzende Schrankwand gestalten – der „Color Reader“ gibt uns genaue Kodierungen, die sich leicht auf Lack und Dispersion übertragen lassen. Lichtverhältnisse können täuschen, umliegende Reflexionen verfälschen – er übersetzt die Infos in konkrete RAL-Töne oder RGB-Werte; hiermit gehen wir auf Nummer sicher und verwandeln Wunschfarbe in echte.
Moodboard
Grundlage des hier gezeigten Ensembles an Dingen war die Tapete von Little Greene. Große Flächen in Indigo, darauf stilisierte Blüten und Ornamente in Rost, Rosé, Crème und Kristallblau – eine gerade sehr angesagte Farbkombi. Vorlage könnte allerdings alles sein. Der Lieblings- Cardigan, Produktverpackungen, eine Postkarte, ein Kunstwerk oder eine leckere Bowl – Granatapfel, Feigen, Pinienkerne und Blaubeeren, farblich eine großartige Angelegenheit. Wir schauen es uns ganz genau an und überlegen, welche Nuancen und Feinheiten das Zusammenspiel ausmachen. Wenn man dies zu lesen weiß, kann man Farbharmonien leicht in andere Formen übersetzen.
Fast geschafft
Mein Rat bei einer Neustrukturierung des Inventars: erst mal Störenfriede aus dem Auge schaffen. Räumen Sie weg, verschenken oder verstecken Sie nicht passenden Kram. Vorweg – bitte keine militante Eroberung des Wohnraumes! Alles kann wachsen und braucht mitunter etwas Zeit. Der Vorteil hierbei wird sein, man hat zu einem späteren Zeitpunkt beim Auspacken der verstauten Teile, deren Zeit zuverlässig immer wiederkommt, ähnliche Gefühle wie beim Entdecken des Weihnachtszeugs Ende November. Man muss Sachen ein klein wenig vermissen, dann bekommt selbstverständlich Gewordenes in regelmäßigen Abständen wieder frische Energie. Für Gemüter, die es passend lieben: Die Durchdringung bis in die letzte Ecke lohnt. Es ist uns Gestaltern eine Wohltat fürs Auge und macht bei Besuchern immer eine ganze Menge her.
Profi-Tipps von Marcel Ullrich
- Der Flur: Erkann farblich ein verbindendes Element sein, da er von allen Zimmern aus einsehbar ist. Entweder wird die Farbe des Flures in den angrenzenden Räumen wiederholt, oder man findet einen Ton, der die angrenzenden Farben elegant zusammenfasst. Da der Flur zudem der erste Eindruck für Gäste ist, sollte dieses besondere Statement wohlbedacht ausgesucht werden.
- Wände und Decken: Werden sie in der gleichen Farbigkeit gestrichen, schafft das sofort Weite und Größe für das Auge. Breite und Höhe des Raumes sind hierdurch quasi unsichtbar, architektonische Holpersteine sofort kaschiert.
- Der Wohnraum: Meist wird er am Feierabend als Rückzugsort genutzt, dort etze ich gern ein wohlig umschließendes Farbkonzept ein. Geringe Kontraste entspannen das Auge, gefällige, pudrige Farben wirken oft weich und beruhigend. Kräftige Farben kann man mit einer helleren Variante des Farbtones ergänzen, um die Ruhe des Raumes zu unterstreichen.“