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Der rote Faden

Aline Müller, Online-Editor 5. September 2024

Es gibt viele Möglichkeiten, sich ein durchgehend schlüssiges Wohn-Konzept zu erarbeiten. WOHNIDEE und Experte Marcel Ullrich zeigen, wie sich einfach – mit viel Sensibilität für stimmige Töne – in zehn Schritten ein feines Band durch Ihre gesamte Wohnung weben lässt.

Nachtruhe – Bei Farrow & Ball finden wir für jede Farbmelodie den passenden Ton, hier „Hopper Head“. FOTO: Farrow & Ball

Durch und durch stimmig

Wir können durch viele Stilelemente einen roten Faden generieren, beispielsweise mit einer Neigung für Skandi-Teile, Boho-Stücke oder Industrial Chic. Haben wir aber einfach über Jahre Dinge erworben, ohne einer zielführenden Richtung zu folgen (wie das ja oft bei uns Einrichtungsliebhabern der Fall ist), ist Farbe ein leichtes Mittel, augenscheinlich einen durchdachten und wohl kuratierten Eindruck zu erwecken, vielmehr einen Faden zu spinnen. Meist hat man ja über einen längeren Zeitraum Leidenschaften für bestimmte Töne; Farben, die uns ansprechen und stimulieren, unser Herz erfreuen oder uns zur Ruhe kommen lassen. Mal rückt etwas in den Vordergrund, anderes sollte abschnittsweise in Kiste und Keller verstaut werden. Lieben wir es harmonisch und einheitlich, beginnen wir an dieser Stelle mit einer feinen Auswahl. 

Gut kombiniert: Beiläufig ein rostrotes Handtuch. Tuben und Tiegel in rosaroter Sortierung. FOTO: EL

Gutes Augenmaß

Wir sollten die Dinge genau ins Visier nehmen. Welche Tonalität hat der Teppich, der Holzboden, der Vorhang, die Lackierung der Türen? Die Kuscheldecke auf dem Sofa oder das Poster darüber. Ist das Eichenparkett eher gelblich oder gräulich? Das Betthaupt aus Nussbaum; ist es schokoladig oder maronig-rotbraun? Dann erweitern wir unser Moodboard durch das Hinzufügen wichtiger Elemente unseres Zuhauses. Legen die Sachen, die wir gut finden, auf den Dielenboden, ergänzen ein Kissen oder Geschirr. Eine Bluse, die gerade unser Favorit ist, oder ein Frühstücksbrettchen. Die kleinen Dinge geben den Ton an. Tolle Inspirationsquellen sind auch Zeitungsausschnitte. Sie zeigen meist eine harmonische Zusammenstellung von Farbflächen, Bildern und Typografien, an denen wir uns gut orientieren können.

Diese Farbkombination strahlt Ruhe und Gemütlichkeit aus und lädt zum Verweilen ein. FOTO: EL

Bemessungsgrundlage

Datacolor hilft unkompliziert beim Bestimmen eines Tons, um andere Dinge gleichermaßen anlegen zu können. Möchte man Türblatt und -zarge etwa im gleichen Ton wie die Wand oder den Radiator wie die angrenzende Schrankwand gestalten – der „Color Reader“ gibt uns genaue Kodierungen, die sich leicht auf Lack und Dispersion übertragen lassen. Lichtverhältnisse können täuschen, umliegende Reflexionen verfälschen – er übersetzt die Infos in konkrete RAL-Töne oder RGB-Werte; hiermit gehen wir auf Nummer sicher und verwandeln Wunschfarbe in echte. 

Moodboard

Grundlage des hier gezeigten Ensembles an Dingen war die Tapete von Little Greene. Große Flächen in Indigo, darauf stilisierte Blüten und Ornamente in Rost, Rosé, Crème und Kristallblau – eine gerade sehr angesagte Farbkombi. Vorlage könnte allerdings alles sein. Der Lieblings- Cardigan, Produktverpackungen, eine Postkarte, ein Kunstwerk oder eine leckere Bowl – Granatapfel, Feigen, Pinienkerne und Blaubeeren, farblich eine großartige Angelegenheit. Wir schauen es uns ganz genau an und überlegen, welche Nuancen und Feinheiten das Zusammenspiel ausmachen. Wenn man dies zu lesen weiß, kann man Farbharmonien leicht in andere Formen übersetzen. 

Ein rundes Sofa und ein klares, kühles Blau, inspiriert von Flügeln der Seevögel im hellen Sonnenlicht an der Wand. FOTO: Farrow & Ball

Fast geschafft 

Mein Rat bei einer Neustrukturierung des Inventars: erst mal Störenfriede aus dem Auge schaffen. Räumen Sie weg, verschenken oder verstecken Sie nicht passenden Kram. Vorweg – bitte keine militante Eroberung des Wohnraumes! Alles kann wachsen und braucht mitunter etwas Zeit. Der Vorteil hierbei wird sein, man hat zu einem späteren Zeitpunkt beim Auspacken der verstauten Teile, deren Zeit zuverlässig immer wiederkommt, ähnliche Gefühle wie beim Entdecken des Weihnachtszeugs Ende November. Man muss Sachen ein klein wenig vermissen, dann bekommt selbstverständlich Gewordenes in regelmäßigen Abständen wieder frische Energie. Für Gemüter, die es passend lieben: Die Durchdringung bis in die letzte Ecke lohnt. Es ist uns Gestaltern eine Wohltat fürs Auge und macht bei Besuchern immer eine ganze Menge her. 

Marcel Ullrich verrät seine Profi-Tipps. FOTO: Farrow & Ball

Profi-Tipps von Marcel Ullrich