Grünen

Der verwunschene Garten

Aline Müller, Online-Editor 11. Juli 2024

Wie ein Garten mit dem Leben wächst und worauf es dabei wirklich ankommt? Das erfuhr WOHNIDEE von Gartendesignerin Dorthe, die sich in Kopenhagen ein zauberhaftes grünes Universum hergerichtet hat.

Wachstum überall – Dorthe nutzt jeden Zentimeter ihres 800 Quadratmeter großen Gartens. FOTO: livinginside Anitta Behrendt

Wer sich für wunderschöne Gärten begeistern kann, dem muss das Herz vor Freude nur so hüpfen. Wir stehen auf dem Anwesen von Dorthe Kvist, sind umgeben von üppigen 800 Quadratmetern Garten – und staunen, was es alles zu entdecken gibt. Obwohl die Ausmaße eher einem Park denn einem Garten ähneln, hat das grüne Gelände nichts von einer akkuraten Park-Architektur mit mahnenden Betreten-verboten-Schildern. Im Gegenteil, hier wird mit lockerer (aber wohlüberlegter!) Hand ein wunderbares Erlebnis nach dem anderen ausgebreitet. Von gefüllten Staudenbeeten mit Riesen-Eisenkraut, Chinesischer Wiesenraute, blühenden Rosen und Schildkrötenkopf-Blumen über Früchte tragende Feigenbäume und Spalierapfelbäume bis hin zu den meterhohen Birken, die ein grünes Dach über weite Teile des Gartens bilden. Sogar auf der Garage befindet sich ein Nutzgarten, wo Kartoffeln, Kohl und Saubohnen einen üppigen Sommerhut bilden.

Buntes Arrangement – In der Lounge zieren frisch gepflückte Blumen den Tisch. Dazu selbst gemachter Rhabarbersaft in einem Krug von Ferm Living. FOTO: livinginside Anitta Behrendt

Die Uhren ticken anders

„Ihr Garten muss Sie umarmen und Sie Zeit und Ort vergessen lassen“, lautet das Motto von Dorthe Kvist. Das gelingt in ihrem eigenen grünen Paradies zweifellos. Die sympathische Mittfünfzigerin lebt in Vanlose im Westen Kopenhagens, ist leidenschaftliche Gartendesignerin und hat durch ihre Arbeit Hunderten von Gartenbesitzern geholfen, glückliche Gärtner zu werden. „Ob es sich um einen Balkon, eine Dachterrasse oder einen großen Stadtgarten handelt, der Garten sollte auf die Architektur des Hauses, die Einrichtung und den persönlichen Stil abgestimmt sein“, sagt die Expertin, die zudem als Innenarchitektin, Autorin und Dozentin tätig ist. „Der Garten bietet so viele Möglichkeiten der Entspannung, des Vergnügens, des Genießens und des Auftankens, wenn er denn auf uns und unser Leben zugeschnitten ist.“ 

Leckere Gartenfrüchte: Die schwarze Bornholm-Feige gilt als frosttolerant. FOTO: livinginside Anitta Behrendt

Neue Ideen ausprobieren

Ihre eigene Gartenwelt ist über Jahre hinweg in dem Tempo gewachsen, das dem Leben und den Finanzen der Familie Kvist entsprach. Am Anfang sollte er Platz für den Sandkasten und das Fußballspielen der Kinder bieten, „heute sind es eher lauschige Plätzchen und Hochbeete, die den Rasen einnehmen. Ein Garten ist nicht statisch, und zum Glück werde ich nie aufhören, neue Ideen auszuprobieren“, lächelt Dorthe, die den Garten mit ihrem Mann Jakob, ihren beiden Kindern, einer faulen Katze und fünf gackernden Hühnern teilt. Der Familiengarten ist in mehrere kleinere Bereiche unterteilt: eine Terrasse, die eine Fensterwand als Windschutz erhalten hat. Das Gewächshaus mit den zahlreichen Staudenbeeten drum herum. Die Außenküche mit Essbereich unter dem Holunderbaum. Der von Buchsbäumen umgebene Lagerfeuerplatz. Der von Buchsbäumen umgebene Lagerfeuerplatz. Und das  neueste Projekt, zu dem Dorthe vor einigen Jahren die Idee hatte: eine Sonnenterrasse mit Feigen zum Pflücken. Einfach vom Liegestuhl aus nach den reifen Früchten greifen, herrlich! 

Die Gartendesignerin Dorthe mit ihrem Huhn Bertha, das eine Streicheleinheit genießt. FOTO: livinginside Anitta Behrendt

Immer wieder neu erkunden

„Ein Garten muss ein Ort sein, den man erkunden möchte“, findet die Designerin, die zudem einen erfolgreichen Blog (meltdesignstudio.com/min-blog) im Netz betreibt. „Wenn Sie auf Ihrer Terrasse stehen und den ganzen Garten überblicken können, warum sollten Sie dann dort hinausgehen?“ Sie rät, den Garten stattdessen in kleinere Bereiche zu unterteilen, indem man zum Beispiel eine Baumgruppe, einen Schuppen oder ein Gewächshaus in der Mitte des Rasens platziert. „So erhalten Sie automatisch eine Unterteilung, mit der Sie arbeiten können.“ So, wie sich der Garten mit den Jahren verändert hat, um den wechselnden Bedürfnissen der Familie gerecht zu werden, so verändert sich auch Dorthes grüne Oase mit einer wechselnden Blumenblüte, die den Jahreszeiten folgt. „Unser Garten blüht fast das ganze Jahr über“, berichtet sie. „Viele Gärten sind im Hochsommer voller Blumen und im Frühjahr und Herbst ein wenig langweilig, aber das muss nicht sein.“ Die Gartenarchitektin empfiehlt zunächst Frühlingszwiebeln wie Krokus und Scilla, die Insekten magisch anziehen. Für den Herbstgarten setzt Dorthe sowohl auf frühe Stauden wie Bergkornblumen und Zierzwiebeln als auch späte Stauden wie Herbstanemonen, roten Bistort und Riesen-Eisenkraut. 

Der Garten ist auch gleichzeitig ein Rückzugsort für die Familie. FOTO: livinginside Anitta Behrendt

Schöne Gärten mit wenig Zeitaufwand

Obwohl sie einen Großteil ihrer Freizeit in ihrem Garten verbringt, ist die Dänin eine Verfechterin dessen, dass schöne Gärten auch mit weniger Zeitaufwand zu schaffen sind. Da hilft es zum Beispiel, blühende Sträucher und Stauden zu verwenden, die Jahr für Jahr wiederkommen und sich weitgehend selbst versorgen. Wer dann noch reichlich Bodendecker hinzufügt, die das Unkraut in Schach halten, hat mit dem Wildwuchs weniger Arbeit. Fragt man die Expertin, lässt sich die Einstellung zu den eher lästigen Aufgaben im Garten aber durchaus ändern. „Jede Gartenarbeit ist gut für die Gesundheit, weil man mit dem Boden in Kontakt kommt und er einen durchfurcht. Körperlich, aber auch geistig. In einer Zeit, in der alles digital ist und sich auf einem Bildschirm oder im Kopf abspielt.“ Seien wir ehrlich: Leistung, Fristen, Umsatzzahlen – ein Garten als solcher verlangt nichts dergleichen von uns. „Wenn ich gestresst oder total genervt bin, gehe ich raus in den Garten, wo die Energie leise zurückkehrt und ich alles Negative vergesse. Der Garten nährt meine Seele. Das ist es, was er für mich tut.“