Wohnen

KASCHKASCH im Interview

Janina Nagel, Redakteurin 8. August 2023

Design made in Cologne: Das kreative Duo KASCHKASCH hat sich in der Interior-Branche einen Namen gemacht und arbeitet seit Jahren für renommierte Hersteller. WOHNIDEE hat Florian Kallus und Sebastian Schneider in ihrem Studio in Köln zum Interview getroffen.


Sebastian Schneider (vorne) und Florian Kallus haben zusammen das Designstudio KASCHKASCH gegründet. Foto: KASCHKASCH / Thomas Rabsch

Ihr habt beide erst eine Ausbildung zum Tischler gemacht und dann Produktdesign in Münster studiert. Das ist sicher eine gute Grundlade für eure Arbeit …

Sebastian Schneider: Das ist auf jeden Fall eine gute Basis. In der Tischlerei hat man aber gar nicht so die Zeit, in die die Tiefe eines Produktes zu gehen. Als Produktdesigner entwickeln wir zwei, drei, manchmal vier Jahre an Projekten, bis sie serienreif sind. Wenn man sich das in der Tischlerei vorstellen würde, würde das wohl kein Kunde bezahlen.

Florian Kallus: Der große Unterschied ist auch, dass in der Schreinerei Unikate entstehen. Wir entwickeln jetzt Produkte, die in Serie gehen und dann in möglichst großer Stückzahl verkauft werden. Die Herstellung ist eine ganz andere. Ein Einzelstück ist oftmals komplett anders gedacht.

Ihr habt euch im Studium kennengelernt und anschließend zusammen euer Unternehmen gegründet. Wie schnell kam euer Erfolg?

Florian Kallus: Das war ein fortwährender Prozess. Es gab nicht diesen einen Moment oder eine bestimmte Phase. Unsere Abschlussarbeit war eine Kollektion aus sechs oder acht Entwürfen, die haben wir verschiedenen Firmen vorgeschlagen. Das führte erstmal zu kleineren Aufträgen. Und dann sind wir nach Mailand auf die Messe in den Nachwuchs-Talente-Bereich gegangen und haben dort ausgestellt. Da haben wir dann viele gute Kontakte geknüpft, zum Beispiel zu Menu und zu Bolia.


Sofa „Caro“ für Bolia – einer der ersten namhaften Hersteller, mit denen KASCHKASCH zusammengearbeitet haben. Foto: KASCHKASCH / Anders Schønnemann

Wie funktioniert eure Zusammenarbeit? Gibt es auch mal Meinungsverschiedenheiten?

Florian Kallus: Es liegt ja in der Natur der Sache, dass man nicht immer einer Meinung ist. Wir haben uns aber relativ früh entschieden, dass bei uns nichts rausgeht, auf das wir uns nicht beide verständigen können.

Sebastian Schneider: Ich habe auch immer das Gefühl, solange wir nicht beide glücklich damit sind, ist das Produkt noch nicht fertig. Am Anfang fiel es uns schwerer, das zu akzeptieren. Bei einigen Produkten haben wir aber dann gemerkt, die sind in dem Prozess noch besser geworden. Wenn der andere wirklich vehement sagt: „Irgendwas stimmt da noch nicht“, dann ist es noch nicht ready.

Was kennzeichnet euren Stil?

Florian Kallus: Sehr lange war er sehr minimal und reduziert. Wir haben aber in den letzten Jahren angefangen, das ein bisschen aufzulösen, wenn auch nicht komplett zu verlassen. Die Kollektion für Villerory & Boch zum Beispiel ist total soft. Aber auch da war es uns wichtig, dass die Produkte trotzdem Ruhe ausstrahlen. Es sollte nicht total expressiv und laut sein. Wir wollten organische Formen finden, die miteinander so gut funktionieren, dass sie immer noch etwas Zurückhaltendes ausstrahlen. Diese Zurückhaltung haben die meisten unserer Entwürfe.

Sebastian Schneider: Wir versuchen immer, uns auf ein Thema zu fokussieren. Das Produkt soll im Idealfall eine Geschichte erzählen und auch emotional sein. Um das bestmöglich zu können, ist es nötig, die Grundidee herunterzubrechen, damit das Produkt diese Geschichte transportieren kann. Das macht unsere Produkte auch aus: Sie sind nicht überfrachtet mit zig Ideen, sondern haben eine prägende Grundidee.


Die organische Form des Waschbeckens aus der Serie „Antao“ für Villeroy & Boch ist von einem Tautropfen inspiriert. Foto: KASCHKASCH / Villeroy & Boch

Woher nehmt ihr eure Inspiration?

Sebastian Schneider: Das ist sehr unterschiedlich. Erstmal steht immer das Thema im Raum. Wir versuchen dann, uns möglichst viel Zeit dafür zu nehmen und es erstmal sacken zu lassen. Wir beschäftigen uns damit, recherchieren: Was gibt es im Markt? Wo möchten wir hin? Die Inspiration kann in unterschiedlichen Momenten kommen. Manchmal kann das auch sehr konstruiert sein. Dann stellen wir während einer Recherche fest, dass es eine Idee noch nicht am Markt gibt. Es gibt A und C, aber B dazwischen ist noch nicht da. Das kann dann auch eine Inspiration sein. Als Kreative sind wir generell neugierig, deshalb ist auch unser Portfolio so breit. Wir haben immer wieder Spaß daran, neue Dinge auszuprobieren und zu entdecken.

Habt ihr Lieblingsdesigner oder Vorbilder?

Florian Kallus: Ich bin ein Casteglioni-Fan. Das waren ursprünglich drei Brüder, der eine ist ausgestiegen, der andere ist gestorben. Die haben in den 60er-, 70er-, 80er- und 90er-Jahren wahnsinnig tolle Sachen gemacht, bei denen die Form mit technisch innovativen Ideen einhergeht. Das finde ich sehr spannend. Wenn ich mir die Sachen heute ansehe, denke ich oft: Da hat jemand sehr gute Ideen gehabt.


Sofa „Cosima“ für Bolia gehört zu den erfolgreichsten Entwürfen von Kaschkasch. Foto: KASCHKASCH / Anders Schønnemann

Habt ihr auch von euch selbst entworfene Produkte bei euch zu Hause?

Beide: Ja.

Sebastian Schneider: Es ist sehr schön, die Dinge wirklich zu benutzen und nochmal zu überprüfen, ob das, was wir uns da so überlegt haben, im täglichen Gebrauch funktioniert.

Florian Kallus: Alles, was wir entworfen haben, haben wir natürlich nicht zu Hause. Aber es gibt da einige Sachen. Wir haben beide das „Cosima“-Sofa von Bolia zu Hause. Das ist cool, weil es so erfolgreich ist. Ich kenne sehr viele Leute, die das haben. Oft bin ich irgendwo und jemand erzählt mir: „Ich habe das auch zu Hause und freue mich jeden Tag daran.“ Diese Wertschätzung ist schon cool. Ich finde auch die „Cap“-Leuchte, die wir vor Jahren für Normann Kopenhagen gemacht haben, toll. Die habe ich immer noch zu Hause, jetzt auch wieder nach meinem Umzug. Und die „Bolita“-Leuchte auf jeden Fall. Die „Acqua“-Gießkanne von Ligne Roset habe ich seit Neuestem auch täglich im Einsatz. Die LED-Outdoorleuchte „Ani“ habe ich jetzt tatsächlich auch. Wir hatten ja vorher keinen Garten oder Balkon. Sie überzeugt mich auf jeden Fall, auch hingehängt mit Kordel und Clip.

Sebastian Schneider: Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir eine Tischfamilie für das tschechische Unternehmen Ton entworfen. Von denen habe ich einen Esstisch zu Hause, an dem wir sehr viel sitzen. Der ist ein zentrales Element bei uns im Wohnzimmer. Den mag ist sehr gerne. Die Dinge, die man viel benutzt, wachsen einem ans Herz. Die „Bolita“ ist auch so ein Teil. Die steht neben dem Bett und ich benutze sie jeden Abend. Das ist cool.


Die Tischleuchte „Bolita“ für Marset – ein Produkt, das beide Designer auch privat nutzen. Foto: KASCHKASCH / Marset

Weitere Informationen unter kaschkasch.com.