Prima Klima
Für positives Raumempfinden sind Licht und Luft die Schlüsselelemente. Sie lassen selbst kleine Flächen größer wirken und sorgen dafür, dass wir uns rundum wohlfühlen. Ein gelungener Umbau in Großbritannien zeigt, wie es geht.
Eine Frage der Physik
In den Außenbezirken englischer Dörfer finden sich buchstäblich reihenweise alte, einstöckige Häuser, die in den 1960er-Jahren schnell für die anwachsende Bevölkerung erstellt wurde. Längst nicht mehr zeitgemäß fallen die Gebäude heute in der Regel der Abrissbirne zum Opfer. Bei diesem Haus in den wetterbegünstigten Cotswolds konnte der für seine nachhaltigen Ansätze bekannte Architekt Charlie Lupton die neuen Besitzer überzeugen, einen anderen Weg zu gehen. Er ließ die Fundamente stehen und erweiterte die typischen, einstöckige Architektur um eine weitere Etage. Mit viel Fensterfläche und einem hoch angesetzten Oberlicht („Integra“ von Velux) holte er maximal viel Tageslicht herein und schafft zudem eine optimale Querlüftung für ein gesundes Klima. Im Sommer kann so die nach oben steigende warme Luft einfach entweichen.
Innere Werte
Wie das Klima eines Hauses empfunden wird, ist natürlich reine Gefühlssache. Optische Eindrücke wie die Einrichtung und Dekoration mögen vielleicht bewusst zuerst wahrgenommen werden, aber tatsächlich spielen Lichtverhältnisse genau wie Temperatur und Luftqualität eine mindestens ebenso große Rolle. Bei diesem Umbau hat der Architekt großen Wert auf eine neue, atmungsaktive Isolierung der Fassade gelegt. Nur Materialien, „von denen wir im Zweifelsfall auch essen würden“, wie er selbst es bildhaft beschreibt, kommen für die Dämmung infrage. Mineralwolle, Glasfasern, Holzfasern, Polystyrol und Keramik zählen zu den Werkstoffen, aus denen man bedenkenlos auch Geschirr herstellen könnte und die sich daher allesamt gut eignen. Die Holzverkleidung mach den natürlichen Ansatz sichtbar.
Komfort
In der neuen oberen Etage sind die Privaträume der Bauherren untergebracht. Als Fensterlösungen hat sich der Architekt für eine automatische version von „Integra“ (Velux) entschieden, um den Bewohnern die Regulierung des Wohnraumklimas so komfortabel wie möglich zu gestalten. Die Technologie eines automatisch gesteuerten Fensters trägt dazu wesentlich bei. Zudem lässt sich so der Energieverbrauch optimal reduzieren. Trotzdem bleibt es für ihn ein wichtiges Anliegen, sich nicht von der Natur abzukoppeln. Die Möglichkeit, selbst morgens das Fenster zu öffnen und das Singen der Vögel hereinzulassen, ist unverzichtbarer Teil der Lebensqualität.
Wege des Lichts
Für Charlie Lupton, den Architekten des Umbaus, ist das Spiel mit Tageslicht vergleichbar mit Malerei. Kontraste von hell und dunkel sind ihm wichtig. Den Weg aus dem Schatten heraus in den sonnigen Bereich eines Zimmers könnte man in einem kompletten Glaskasten nie erleben. Verschiedene Deckenhöhen, wie hier in der Küche, lassen das Sonnenlicht für besondere Effekte vertikal durchs Haus wandern. Da es weit zu öffnen ist, ersetzt ein Oberlicht zudem auf natürliche Weise die sonst obligatorische Abzugshaube über dem in die Kücheninsel integrierten Kochfeld.
Win-Win
Wo Tageslicht einfällt, bietet sich ein idealer Standort für Pflanzen-die wiederum dem Klima guttun. Eine Empore, ein Flur oder eine „tote Ecke“ sind allesamt wie geschaffen für einen kleinen Indoor-Garten. Dabei lassen sich kleinere, schattenverträgliche, und großwachsende Sonnenanbeter perfekt miteinander kombinieren. Extra-Tipp: Einen gemütlichen Hocker bei der Inszenierung nicht vergessen, denn die Grünzone wird garantiert schon bald zum wahrlich naturgegeben Lieblingsrückzugsort innerhalb der eigenen vier Wände. Inspiration zur Pflanzenauswahl und Gestaltung gibt es übrigens auf pflanzenfreunde.de
Schattenspiele
Schatten wird bei der Planung und Gestaltung von Innenräumen oftmals unterschätzt. Dabei ist er der natürliche Gefährte des Lichts. Mit Sprossenfenstern lassen sich beispielsweise großartige Effekte erzielen, die je nach Tageszeit immer anders ausfallen. Oberlichter schaffen einen fokussierten Lichtschacht und bewahren zudem Stellfläche an den Wänden. Ideal für kleine (ansonsten fensterlose) Räume. Wie Bäder oder Dielen.
Atmosphärisch
Farbige Wände sind nur was für große Räume? Dieses Beispiel beweist das Gegenteil. Dachschräge und Wand einheitlich in Salbeigrün getüncht, verleihen der kleinen Küche Tiefe. Großartig dazu: die Schrankfronten in Aubergine. Die beiden intensiven Töne ergänzen sich zu einer einladenden Kulisse unter dem lichtspendenden Dachausschnitt.
Farbenlehre und Fokus setzen
Bei der Raumgestaltung ist unbedingt immer auch die äußere Umgebung miteinzubeziehen. Für den Blick ins Grüne bietet sich als Farbe rund um die Fenster ein dezenter Grünton an, der der Aussicht einen passenden Rahmen verleiht. Ausblicke auf tristes Großstadtgrau erhalten durch Rosa, helles Blau oder Rotnuancen eine schöne Färbung. Die dem Licht zugewandte Wand verträgt einen stärkeren Farbton, um dem Milieu zusätzlich Tiefe zu verleihen. Ideal auch als Hintergrund für ein offenes Regal oder als Bühne für Bilder und anderen Wandschmuck.
Dachböden bieten oftmals noch eine stille Ausbaureserve, die es zu nutzen gilt. Insbesondere Badezimmer, die es gewohnt sind, sich mit wenige Fläche zu begnügen, liefern sie wertvollen Nutzen. Apropos: Weil mit der Umgestaltung eine sogenannte Nutzungsänderung einhergeht, fordern deutsche Bauverordnungen ein großes Fenster. Das bedeutet beim Umbau zwar Mehraufwand, ist aber im Ergebnis mit mehr Tageslichteinfall ein echter gewinn. Freigelegte Dachbalken spenden dazu mehr Raumhöhe und damit mehr Kopffreiheit.