Wohnen

Durchblick mit Ausblick

Aline Müller, Online-Editor 20. August 2024

In einer ehemaligen Apotheke gestaltete Morgane mit vielen Wanddurchbrüchen, hellen Tönen und kleinen Fundstücken vom Trödel ein luftiges Zuhause für ihre große Familie. Dazu – Liebe, Handarbeit und Gespür für das, was guttut.

Gemeinsam in Ruhe Zeit verbringen und die Gemütlichkeit geniessen. Hier lebt Morgana mit ihrer Familie. FOTO: Pauline Le Goff

Das Zuhause von Morgane, 43, ist eine Ode an das langsame Leben, ummantelt von einer traumhaften Atmosphäre. Öffnet man die Fenster, kann man die salzige Meeresluft der Bretagne riechen; 300 Meter zum Strand, eingebettet in kleine Fischerhütten, Fachwerkhäuschen und mit einer langen Vergangenheit, die von Seefahrt und Fischfang geprägt ist. Das Dörfchen Saint-Quay-Portrieux wurde als Badeort im 19. Jahrhundert bekannt, davor das schützende felsige Ufer des Saint-Brieuc-Strandes im kühlen Norden Frankreichs.

Sehnsucht nach der See

Morgane und ihre Familie lebten schon vor dem Kauf des Hauses in der Nähe, allerdings in einer sehr viel moderneren Struktur, die ihren Alltag sich noch nicht perfekt anfühlen ließ. Sie hegten immer den Wunsch, der See etwas näher kommen zu dürfen. „Ich liebe es, die kleinen Pfade der Dünen entlangzuwandern, nach Hause zu kommen und immer noch Geschichte und Charakter einer anderen Zeit spüren zu können“, erinnert sie sich. 2016 fand das Pärchen endlich ein passendes Nest, nah am Wasser, mit viel Fläche – super für eine so gesellige Familie mit Kindern von sieben bis 16 Jahren.

Alte Wände raus, viel Glas rein – so bekommen die Zimmer eine Großzügigkeit. FOTO: Pauline Le Goff

Als Apotheke geplant

Das Haus hat eine sympathische Geschichte. Es wurde in den 30ern von den Architekten Yann et Loïc Corlouër als Apotheke geplant und war nach wie vor in Büros und medizinische Räume unterteilt. Morgane und ihr Mann Vincent sahen sofort das Potenzial der Wohnung – und begannen umgehend mit den Sanierungsarbeiten. 

Alt und neu, Hand in Hand

Im Erdgeschoss brachen sie die nicht mehr passenden Unterteilungen auf und schufen durch fensterartige Wandöffnungen schlaue Querverbindungen zwischen den einzelnen Raumeinheiten. So genießt man nun einen großzügigen Blick vom Wohnzimmer über den Eingangsbereich hinweg Richtung Esszimmer. Zudem konzipierte das Paar eine kleine und feine Küche – ein schlichtes Modell von Ikea –, ließ die wunderschönen alten gusseisernen Heizkörper restaurieren sowie neuen Parkettboden verlegen. Badezimmer gibt es im Ober-und Dachgeschoss; auch hier spielten sie mit dem Charme des vergangenen Jahrhunderts und entschieden sich für Armaturen, die aus einer anderen Zeit erzählen. Ein großartiger alter Holzboden war komplett mit Platten belegt, welche man rückbaute, die betagte Fläche sorgsam freilegte und renovierte. 

Die Mini-Schälchen-Deko zauberte Morgane in einem Keramikkurs. Dazu kombiniert sie alte Fundstücke. FOTO: Pauline Le Goff

Sanfte Farben, zarte Muster

 „Im zweiten Stock waren die am stärksten beschädigten Räume; Wände mussten gestrichen, der Boden geschliffen werden. Alles im Haus haben wir selbst gemacht“ – außer Strom und Klempnerarbeiten, erzählt Morgane. „Es hat uns viel Arbeit und Energie gekostet, aber wir sind so glücklich über die Ergebnisse.“ Sie scheut sich nie davor, Dinge eigens zu fertigen. Die sympathische Französin begann damit, alle ihre Kissen für ihre Marke Le Petit M von Hand zu nähen. Sie tut es immer noch, aber heutzutage wird ihr geholfen. Morgane kreiert in ihrem Atelier schöne und originelle Dekorationsgegenstände für Kinder, in sanften Farben und zarten Mustern. 

Auch das Kinderzimmer hat einen eigenen, wunderschönen Charakter. FOTO: Pauline Le Goff

Einsatz zeigt Persönlichkeit

Es ging nicht darum, ein durchgestaltetes Haus zu schaffen, das Besucher beeindruckt, sondern ein Zuhause zu bauen, in dem sich Gäste und Familienmitglieder wohlfühlen. „Wir hatten immer ein Haus mit ,Esprit de Fête‘. Wir feiern in Gesellschaft und laden am Wochenende gern Leute ein. Wir haben auch unsere Canapé-Ecke und verbringen gerne Zeit dort, besonders im Herbst“, berichtet Morgane. Hinter jedem noch so scheinbar beiläufig erzielten Ergebnis stehen eine Anstrengung und ein Prozess: „Wir fühlen uns jetzt sehr wohl in unseren eigenen vier Wänden, auch wenn es von Anfang an nicht einfach war. Du musst erst irgendwo leben, um dein Nest Stück für Stück zu bauen.“

Morgane liebt es, Gebrauchsgegenstände in zarten Pastell-Tönen zu dekorieren. FOTO: Pauline Le Goff

Natürlich schön

Überall betonen leuchtendes Weiß, Holzelemente und Rattan-Accessoires die natürliche Leichtigkeit der Einrichtung, die stets mit Objekten in gedämpften Tönen in Verbindung stehen. Eine Welt in Transparenz und Weichheit. Mit grünen Pflanzen und Blumen, die Morgane gern und wunderhübsch zu Kränzen arrangiert; mit dem, was vor der Haustür wächst. 

Wohnzimmer, Eingang, Essplatz – quasi eins

Der Speiseraum liegt hinter einer Glastrennwand, der Flur ist vom Wohnzimmer durch zwei noch unbehandelte alte Türelemente getrennt, die ebenso den Eingangsbereich überblicken lassen. Die Familie schafft mit dem Rückbau der alten Wände einen lichtdurchfluteten und schön ineinanderfließenden Lebensraum. Großzügig und lebensfroh. 

Bei dieser leisen Sitzecke darf man sich mit solchen Schätzchen ruhig mal etwas trauen. FOTO: Pauline Le Goff

Alte Stücke mit Charakter

Das Budget hatte aber natürlicherweise seine Grenzen. So setzte die Familie auf ihre Leidenschaft für alte Stücke mit Charakter. Was, wie in diesem Falle, das Gesamtkonzept im Detail abrundete. Hat man keine Angst vor gebrauchten Teilen – für eine Schnäppchenjägerin wie die Mama dieses Haushaltes eine Freude – ist es eine inspirierende Herausforderung; auf Flohmärkten fand sie, was den Einrichtungsstil charmant und stimmig machte.